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Abzug aus Spanien ?

Abzug aus Spanien ?

Vor wenigen Tagen haben sich zwei der besenderten Rotmilane auf den Weg gemacht. Sie haben von ihren Winterquartieren in Spanien aus die erste Etappe ihrer „Heimreise“ angetreten. Die Pyrenäen sind schon überquert. Ob das ein Frühstart war, oder ob wir schon mit einsetzendem Heimzug rechnen müssen? Das ist ungewiss.

Viele der andere Tiere sitzen jedoch in ihren fest umrissenen Einstandsgebieten in Portugal, Spanien (Foto unten) oder Zentral-Frankreich. Derweil machen sich in den hessischen Brutgebieten andere Arten schon an’s Brutgeschäft und inspizieren die (Rotmilan-) Horste.

Der Zugweg eines adulten Rotmilans vom Brutplatz in Hessen bis in das gleiche Übewinterungsgebiet (2021-2023) in Spanien.
Kleinräumiger Aktionsraum eines Rotmilans in den Agrarlandschaften Zentral-Spaniens in Winter 2022/2023.
14. Januar 2023. Ein Rotmilan hat sein Überwinterungsgebiet bei Zamora (Spanien) bereits verlassen und befindet sich schon in Frankreich.
Während die Rotmilane noch im Süden weilen, werden im Brutrevier die Horste kartiert. Schon entdeckt? © S. Rösner
Eine Nilgans (Alopochen aegyptiaca) erdreistet sich der Übernahme eines Horstes. Januar 2023.
RoniaH – Das Projekt

RoniaH – Das Projekt

Zum 01. Oktober startete das vom Lore-Steubing-Institut (LSI) geförderte Projekt „RoniaH“. Für einen schnellen und kompakten Einblick in die Ziele des Projektes haben wir ein Poster mit den wichtigsten Eckpunkten des Projektes entworfen. Das Poster wird als Roll-Up auf der 6. Hessische Landesnaturschutztagung am 1. November 2022 vorgestellt. Anbei findet sich eine pdf-Version zum Herunterladen.

Die Projektziele:

– Beitrag zu einem nachhaltigen Ausbau der Windenergie in Hessen bei
gleichzeitigem Schutz der Verantwortungsart Rotmilan

– Ausarbeitung integrativer Strategien zur Minimierung
des Kollisionsrisikos hochmobiler Vogelarten

Vorgehen:

– Aufbereitung der GPS-Bewegungsdaten von 37 in Hessen besenderten
Rotmilanen über sechs Jahre (2017 -2022)

– Auswertung der Flugaktivität und der Flughöhen in
Verbindung mit Landnutzungsdaten und simulierten
Raumnutzungsanalysen

– Ausarbeitung von Handlungsempfehlungen mit
Akteur*innen aus HLNUG, Naturschutzbehörden,
Verbänden und Planungsbüros

Referenzen: Spatz, T. et al. (2022) Sex, landscape diversity and primary productivity shape the seasonal space use of a migratory European raptor. J Avian Biol. doi:10.1111/jav.02925

Neue Publikation: Was beeinflusst die Raumnutzung der Rotmilane im Sommer- bzw. Winterhabitat?

Neue Publikation: Was beeinflusst die Raumnutzung der Rotmilane im Sommer- bzw. Winterhabitat?

 

Im Fachjournal „Avian Biology“ hat unser AutorInnen-Team einen Fachartikel zur Raumnutzung des Rotmilans publiziert. Im Mittelpunkt der Studie stand die Frage, welche Einflussgrößen die Bewegungsmuster der Greife im Winter- bzw. Bruthabitat bestimmen.

 

 

 

 

Um die zentralen Fragen zur Biologie der Art beantworten zu können, haben die KollegInnen die GPS-Daten von 43 besenderten Rotmilanen verschiedener Projekte aus den Bundesländern Hessen, Thüringen, Sachsen und Niedersachsen zusammen geführt und analysiert.

 

Der Artikel ist im Original in englischer Sprache publiziert (frei verfügbare pdf-Dokument: hier). Eine deutsche Zusammenfassung zum Inhalt finden Sie hier:

Spatz T, Katzenberger J, Friess N, Gelpke C, Gottschalk E, Hormann M, Koschkar S, Pfeiffer T, Stübing S, Sudfeldt C, Rösner S, Schabo DG, Farwig N (2022): Sex, landscape diversity and primary productivity shape the seasonal space use of a migratory European raptor. J Avian Biol. https://doi.org/10.1111/jav.02925

 

 

 

Eine Vielzahl von Faktoren bestimmen die Raumnutzungsmuster von Greifvögeln. Viele Greifvogelarten sind Zugvögel, die zwischen Sommer- und Winterlebensräumen wechseln. Diese Lebensräume sind durch unterschiedliche Umweltbedingungen charakterisiert. Die Analyse der Auswirkungen von intrinsischen und extrinsischen Faktoren auf die Raumnutzung in Sommer- und Winterhabitaten liefert wichtige Erkenntnisse über die Ökologie wandernder Greifvögel. Hier untersuchten wir die saisonale Raumnutzung von 43 Rotmilanen Milvus milvus, die sich mit GPS-Sendern über sieben aufeinanderfolgende Jahre in Mittel- und Südwesteuropa auhielten. Dabei verglichen wir die Raumnutzungsmuster, d. h. die Größe der Aktivitätsräume und die durchschnittlichen täglichen Flugstrecken der Vögel; jeweils zwischen Sommer- und Winterquartier. IM Detail analysierten wir den Einfluss extrinsischer (Landschaftsvielfalt, Primärproduktivität) und intrinsischer Faktoren (Geschlecht). Im Sommer untersuchten wir den Einfluss von Bruterfolg (0/1) und Geschlecht (w/m) auf die Größe der Aktionsradien. Außerdem analysierten wir die Unterschiede in der Habitatverfügbarkeit und der Habitatwahl zwischen den Jahreszeiten.

 

 

 

Wir stellten fest, dass die Raumnutzung im Sommer geringer war als im Winter. Im Vergleich zu den Männchen waren die Aktivitätsbereiche der weiblichen Rotmilane im Sommer größer und im Winter kleiner, wobei die durchschnittlichen geflogenen Tagesstrecken in beiden Jahreszeiten kürzer waren. Im Sommer waren die Aktivitätsbereiche erfolgreich brütender Rotmilane bei beiden Geschlechtern kleiner, aber dieser Effekt war bei den Weibchen stärker ausgeprägt als bei den Männchen. Unabhängig von der Jahreszeit war die Landschaftsvielfalt positiv mit der Raumnutzung korreliert, während die Primärproduktivität negativ mit ihr korreliert war. Die Lebensraumnutzung unterschied sich zwischen den Jahreszeiten, wobei Agrarlandschaften im Sommer anteilig weniger genutzt wurden als im Winter. Insgesamt haben wir gezeigt, dass sowohl intrinsische als auch extrinsische Faktoren die Raumnutzung in beiden Jahreszeiten beeinflussen, was zu Unterschieden in den Raumnutzungsmustern und der Habitatnutzung bei ziehenden Greifvögeln zwischen ihren Sommer- und Winterhabitaten führt. Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig die Berücksichtigung des gesamten Jahreszyklus wandernder Arten für das Naturschutzmanagement ist.

 

 

Zitierung: Spatz, T. et al. (2022) Sex, landscape diversity and primary productivity shape the seasonal space use of a migratory European raptor. J Avian Biol. doi:10.1111/jav.02925

 

 

RoniaH – Neues Forschungsprojekt

RoniaH – Neues Forschungsprojekt

Zum 01. Oktober 2022 starten wir über die Laufzeit von vier Jahren in ein neues Forschungsprojekt. Dank der Förderung durch das Lore-Steubing-Institut am HLNUG (www.hlnug.de) werden wir uns intensiver im Kontext „Rotmilanschutz und nachhaltiger Windenergieausbau in Hessen“ (RoniaH) beschäftigen. Die Grundlage der anstehenden wissenschaftlichen Analysen stellen hierbei die Bewegungsdaten der seit 2017 unter Beobachtung stehenden hessischen Rotmilane.

Der Rotmilan (Milvus milvus) im Fokus der Forschung. © S. Rösner

Projektbeschreibung (Kurzfassung):

Mit dem Projekt möchte die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Nina Farwig zu einem nachhaltigen Ausbau der Windenergie in Hessen bei gleichzeitigem Schutz der Verantwortungsart Rotmilan beitragen. Dafür sollen die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten des Rotmilans auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen quantifiziert sowie evidenzbasierte Erfassungsstandards für Artbewertungen entwickelt werden. Dazu steht dem Team um Prof. Dr. Nina Farwig, Dr. Sascha Rösner, Dr. Dana Schabo, und Dr. Theresa Spatz bereits ein umfangreicher Datensatz zur Verfügung, der die Bewegungsmuster von ca. 40 besenderten, adulten Rotmilanen über mehrere Jahre umfasst. Die Brutplätze der besenderten Tiere sind über ganz Hessen verteilt und bilden somit die Heterogenität der Landschaften Hessens ab. Erste Auswertungen der Daten zeigen, dass Rotmilane in der gesamten Zeit im Brutgebiet eine starke Horstbindung aufweisen, die Aktionsräume in der Brutzeit geschlechtsspezifisch stark variieren und dass eine erhöhte Ressourcenverfügbarkeit in der Landschaft generell zu kleineren Aktionsräumen führt. Zudem zeigen erste explorative Datenanalysen eine hohe individuelle Variation in der Flughöhe.

Basierend auf diesem Datensatz will die Arbeitsgruppe in dem Projekt über bisher bearbeitete grundlagenökologische Fragesellungen hinausgehen und gemeinsam mit der Naturschutzpraxis anwendbare Handlungsempfehlungen erarbeiten. Konkret sollen

1) die bestehende Abstandsempfehlung von Windenergieanlagen zu Brutplätzen überprüft werden,
indem die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Individuen in Abhängigkeit zur Distanz vom
Horst quantifiziert wird,

2) Flughöhe und Flugaktivität über verschiedenen Landnutzungsformen während
der gesamten Aufenthaltszeit der Art im Brutgebiet (März – September) näher aufgelöst werden, und

3) die zuvor von der Arbeitsgruppe erhobenen Daten genutzt werden, um Feldbeobachtungen mit Sender-basierten und modellierten Erfassungen zu vergleichen, um so Erfassungsstandards zur Raumnutzungsanalyse zu optimieren.

Ziel des Projekts ist es, integrative Strategien für den nachhaltigen Windenergieausbau auszuarbeiten, die insbesondere dazu beitragen, das Kollisionsrisiko für hochmobile Vogelarten wie etwa dem Rotmilan zu reduzieren.

Mit ihrer Fachexpertise unterstützen uns die Projekt-/Praxis-Partner:

Weiter Informationen finden sich auf der Webpräsenz des HLNUG: https://www.hlnug.de/themen/naturschutz/lore-steubing-institut/projekte/rotmilan

Stellungnahme der Fachgruppe Rotmilan

Stellungnahme der Fachgruppe Rotmilan

Aufgrund der Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien zu den Todesursachen des Rotmilans und einer möglichen Gefährdung der Art durch Windenergieanlagen (WEA) in Deutschland haben wir im Rahmen unserer Aktivitäten in der Fachgruppe Rotmilan und in Zusammenarbeit mit den deutschen Rotmilan-Expertinnen und Experten eine Stellungnahme zu den fachlichen Hintergründen erarbeitet.

Im ZDF Frontal Beitrag „Rotmilan gegen Windkraft – Das Märchen vom bedrohten Greifvogel“ vom 22.02.22 sowie weiterer Berichterstattung z.B. auf tagessschau.de werden Angaben gemacht zu den Todesursachen des Rotmilans basierend auf dem EU-LIFE Projekt EUROKITE (LIFE18/NAT/AT7000048) vor dem Hintergrund des Konfliktfelds Artenschutz und Windenergieausbau in Deutschland. Da uns als Ornithologen und Wissenschaftler einige der getroffenen Aussagen zu diesem Thema befremdet haben, möchten wir im Folgenden die im Bericht dargestellten “Zwischenergebnisse” kritisch hinterfragen und fachlich einordnen.

Toter, adulter Rotmilan mit starker Verletzung an Hand- und Schulter. Mittel der GPS-Daten der Telemetrie sind Todesursachen festzustellen.
Toter, adulter Rotmilan mit starker Verletzung an Hand- und Schulter. Mittel der GPS-Daten der Telemetrie sind Todesursachen festzustellen. © S. Rösner | pixeldiversity GmbH


Die Kernaussagen unserer Stellungnahme lassen sich wie folgt zusammenfassen:

● Die zentrale Aussage des TV-Berichts, Windenergieanlagen spielten keine relevante Rolle als Gefährdungsfaktor für den Rotmilan, widerspricht dem Stand der wissenschaftlichen Forschung. Die zur Herleitung dieser These angeführten Projektergebnisse lassen diese Schlussfolgerung nicht zu.

● Die EUROKITE-Zwischenergebnisse zeichnen ein verzerrtes und nicht-repräsentatives Bild der Rotmilan-Todesursachen, da sie hauptsächlich auf der Besenderung von Jungvögeln beruhen. Die Verlustursachen und die Mortalitätsraten unterscheiden sich jedoch in den Altersklassen und müssen separat betrachtet werden. Besenderte Jungvögel, die noch am Nest durch Beutegreifer gefressen wurden, können schlichtweg nicht durch Kollisionen sterben.


● Die Besenderung in EUROKITE erfolgte in verschiedenen europäischen Ländern und Regionen und kann damit nicht einfach auf die Situation in Deutschland übertragen werden. Durch zum Teil erheblich geringere WEA-Dichten in den Projektgebieten sind auch geringere Anzahlen von Kollisionen zu erwarten.
● Kollisionen mit WEA stellen nachgewiesenermaßen eine erhebliche Todesursache für Rotmilane in Deutschland dar. Insbesondere brütende Altvögel in der Nähe von WEA verunglücken häufiger und gleichzeitig sind die Altvögel besonders bedeutsam für die Bestandsentwicklung.

Illegale Verfolgung, Vergiftung, Freileitungen, Verkehr, technische Strukturen, … Todesursachen der Greife. © Sascha Rösner | pixeldiversity GmbH


● Die mediale Berichterstattung zu der Gefährdung von Rotmilanen durch WEA ist irreführend. Die fachliche Darstellung und Diskussion muss auf einer validen Datenbasis und unter Einhaltung von wissenschaftlichen Standards erfolgen.

Die ausführliche Stellungnahme sowie die Liste der unterstützenden Expert:innen und Insitutionen kann hier eingesehen werden:

Inventur der „Wintermilane“

Inventur der „Wintermilane“

Die Rotmilane Nord- und Mitteleuropas sind in der Regel Zugvögel. Die Brutvögel weichen für die Wintermonate nach Süden (Schweiz / Italien) oder nach Südwest (Spanien / Portugal) aus. In den vergangenen Jahren werden auch in Mitteleuropa häufiger überwinternde Tiere gesichtet. Die planmäßigen Wintererfassungen in der Schweiz (Aebischer et al.) berichten von mehreren Tausenden Tieren. Um Europa-weit einem besseren Überblick über die Winterverbreitungen der Rotmilane zu erhalten und etwaige Trends ablesen zu können, findet am Wochenende 08.-10. Januar 2022 wieder eine synchronisierte Zählen an den gemeinschaftlichen Schlafplätzen der Milane statt.

Für Hintergrundinformationen sowie regionale AnsprechpartnerInnen finden sich beim Dachverband Deutscher Avifaunisten: www.dda-web.de Wer in den kommenden Tagen also Rotmilane (am Schlafplatz) beobachten kann, bitte hier melden: www.ornitho.de

Weitere Informationen zu den Zählungen finden sich hier: