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Heimzug und Wintereinbruch

Heimzug und Wintereinbruch

Bereits im Februar hatten sich die ersten Altvögel aus ihren Winterquartieren in Spanien und Frankreich auf den Weg nach Hessen gemacht. Bis auf wenige Nachzügler sind alle in ihren angestammten Revieren angekommen und haben bereits ihre vorjährigen Brutplätze besucht.

Die Daten der Satelliten-Telemetrie zeigen: Heimzug adulter, hessischer Rotmilane im ausgehenden Winter 2022/2023. Ein Männchen (hell rosa Pkte.) ist etwas über sein Ziel heraus gesteuert. Nach einem großen Bogen und zwei Tagen Verzögerung ist er doch am Horst des Vorjahres eingekehrt.

Der Zugweg der besenderten Tiere ist uns bereits seit 2017 bekannt (wir berichteten) und zeigt auch in diesem Frühjahr wieder die Engstelle in den westl. Pyrenäen als Zugschneise sehr klar in den Bewegungsdaten.

Just zum Eintreffen der Altvögel lief eine kleiner Wintereinbruch mit einer Wetterfront über Hessen. Einige Tiere haben eine Zugpause für wenige Tage eingelegt. Die Tiere, die bereits im Brutrevier angekommen waren, haben einen mit Schnee überpuderten Horst erfahren müssen.

Ökologisch werden diese Wintertage vermutlich keinen großen Einfluss haben auf das bevorstehende Brutgeschäft 2023. Dennoch befinden sich einige Arten gerade im Wettstreit um die ökologische Ressource „Horst“. Einige Greifvogelarten, der Kolkrabe oder auch die Nilgänse sind an diesen attraktiven Brutplätzen interessiert. Oder sei es nur das Nistmaterial, welches u.a. für die Dohlen von Wert zu sein scheint. Auch als Schlafplatz für Baummarder sind diese Strukturen attraktiv.

Wie, schon besetzt? Manchmal sind die Nilgänse offensichtlich schneller mit der Renovierung der Horste und besetzen frühzeitig. Aber final scheint das noch nicht geklärt, wie die Beobachtungen der Studierenden in der AG berichten.

In einem kurzen Video zeigen wir Ausschnitte aus dem „Ökosystem Rotmilanhorst“ in Hessen. Die Aufnahmen stammen von Ende Februar, Anfang März.

Abzug aus Spanien ?

Abzug aus Spanien ?

Vor wenigen Tagen haben sich zwei der besenderten Rotmilane auf den Weg gemacht. Sie haben von ihren Winterquartieren in Spanien aus die erste Etappe ihrer „Heimreise“ angetreten. Die Pyrenäen sind schon überquert. Ob das ein Frühstart war, oder ob wir schon mit einsetzendem Heimzug rechnen müssen? Das ist ungewiss.

Viele der andere Tiere sitzen jedoch in ihren fest umrissenen Einstandsgebieten in Portugal, Spanien (Foto unten) oder Zentral-Frankreich. Derweil machen sich in den hessischen Brutgebieten andere Arten schon an’s Brutgeschäft und inspizieren die (Rotmilan-) Horste.

Der Zugweg eines adulten Rotmilans vom Brutplatz in Hessen bis in das gleiche Übewinterungsgebiet (2021-2023) in Spanien.
Kleinräumiger Aktionsraum eines Rotmilans in den Agrarlandschaften Zentral-Spaniens in Winter 2022/2023.
14. Januar 2023. Ein Rotmilan hat sein Überwinterungsgebiet bei Zamora (Spanien) bereits verlassen und befindet sich schon in Frankreich.
Während die Rotmilane noch im Süden weilen, werden im Brutrevier die Horste kartiert. Schon entdeckt? © S. Rösner
Eine Nilgans (Alopochen aegyptiaca) erdreistet sich der Übernahme eines Horstes. Januar 2023.
RoniaH – Das Projekt

RoniaH – Das Projekt

Zum 01. Oktober startete das vom Lore-Steubing-Institut (LSI) geförderte Projekt „RoniaH“. Für einen schnellen und kompakten Einblick in die Ziele des Projektes haben wir ein Poster mit den wichtigsten Eckpunkten des Projektes entworfen. Das Poster wird als Roll-Up auf der 6. Hessische Landesnaturschutztagung am 1. November 2022 vorgestellt. Anbei findet sich eine pdf-Version zum Herunterladen.

Die Projektziele:

– Beitrag zu einem nachhaltigen Ausbau der Windenergie in Hessen bei
gleichzeitigem Schutz der Verantwortungsart Rotmilan

– Ausarbeitung integrativer Strategien zur Minimierung
des Kollisionsrisikos hochmobiler Vogelarten

Vorgehen:

– Aufbereitung der GPS-Bewegungsdaten von 37 in Hessen besenderten
Rotmilanen über sechs Jahre (2017 -2022)

– Auswertung der Flugaktivität und der Flughöhen in
Verbindung mit Landnutzungsdaten und simulierten
Raumnutzungsanalysen

– Ausarbeitung von Handlungsempfehlungen mit
Akteur*innen aus HLNUG, Naturschutzbehörden,
Verbänden und Planungsbüros

Referenzen: Spatz, T. et al. (2022) Sex, landscape diversity and primary productivity shape the seasonal space use of a migratory European raptor. J Avian Biol. doi:10.1111/jav.02925

Neue Publikation: Was beeinflusst die Raumnutzung der Rotmilane im Sommer- bzw. Winterhabitat?

Neue Publikation: Was beeinflusst die Raumnutzung der Rotmilane im Sommer- bzw. Winterhabitat?

 

Im Fachjournal „Avian Biology“ hat unser AutorInnen-Team einen Fachartikel zur Raumnutzung des Rotmilans publiziert. Im Mittelpunkt der Studie stand die Frage, welche Einflussgrößen die Bewegungsmuster der Greife im Winter- bzw. Bruthabitat bestimmen.

 

 

 

 

Um die zentralen Fragen zur Biologie der Art beantworten zu können, haben die KollegInnen die GPS-Daten von 43 besenderten Rotmilanen verschiedener Projekte aus den Bundesländern Hessen, Thüringen, Sachsen und Niedersachsen zusammen geführt und analysiert.

 

Der Artikel ist im Original in englischer Sprache publiziert (frei verfügbare pdf-Dokument: hier). Eine deutsche Zusammenfassung zum Inhalt finden Sie hier:

Spatz T, Katzenberger J, Friess N, Gelpke C, Gottschalk E, Hormann M, Koschkar S, Pfeiffer T, Stübing S, Sudfeldt C, Rösner S, Schabo DG, Farwig N (2022): Sex, landscape diversity and primary productivity shape the seasonal space use of a migratory European raptor. J Avian Biol. https://doi.org/10.1111/jav.02925

 

 

 

Eine Vielzahl von Faktoren bestimmen die Raumnutzungsmuster von Greifvögeln. Viele Greifvogelarten sind Zugvögel, die zwischen Sommer- und Winterlebensräumen wechseln. Diese Lebensräume sind durch unterschiedliche Umweltbedingungen charakterisiert. Die Analyse der Auswirkungen von intrinsischen und extrinsischen Faktoren auf die Raumnutzung in Sommer- und Winterhabitaten liefert wichtige Erkenntnisse über die Ökologie wandernder Greifvögel. Hier untersuchten wir die saisonale Raumnutzung von 43 Rotmilanen Milvus milvus, die sich mit GPS-Sendern über sieben aufeinanderfolgende Jahre in Mittel- und Südwesteuropa auhielten. Dabei verglichen wir die Raumnutzungsmuster, d. h. die Größe der Aktivitätsräume und die durchschnittlichen täglichen Flugstrecken der Vögel; jeweils zwischen Sommer- und Winterquartier. IM Detail analysierten wir den Einfluss extrinsischer (Landschaftsvielfalt, Primärproduktivität) und intrinsischer Faktoren (Geschlecht). Im Sommer untersuchten wir den Einfluss von Bruterfolg (0/1) und Geschlecht (w/m) auf die Größe der Aktionsradien. Außerdem analysierten wir die Unterschiede in der Habitatverfügbarkeit und der Habitatwahl zwischen den Jahreszeiten.

 

 

 

Wir stellten fest, dass die Raumnutzung im Sommer geringer war als im Winter. Im Vergleich zu den Männchen waren die Aktivitätsbereiche der weiblichen Rotmilane im Sommer größer und im Winter kleiner, wobei die durchschnittlichen geflogenen Tagesstrecken in beiden Jahreszeiten kürzer waren. Im Sommer waren die Aktivitätsbereiche erfolgreich brütender Rotmilane bei beiden Geschlechtern kleiner, aber dieser Effekt war bei den Weibchen stärker ausgeprägt als bei den Männchen. Unabhängig von der Jahreszeit war die Landschaftsvielfalt positiv mit der Raumnutzung korreliert, während die Primärproduktivität negativ mit ihr korreliert war. Die Lebensraumnutzung unterschied sich zwischen den Jahreszeiten, wobei Agrarlandschaften im Sommer anteilig weniger genutzt wurden als im Winter. Insgesamt haben wir gezeigt, dass sowohl intrinsische als auch extrinsische Faktoren die Raumnutzung in beiden Jahreszeiten beeinflussen, was zu Unterschieden in den Raumnutzungsmustern und der Habitatnutzung bei ziehenden Greifvögeln zwischen ihren Sommer- und Winterhabitaten führt. Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig die Berücksichtigung des gesamten Jahreszyklus wandernder Arten für das Naturschutzmanagement ist.

 

 

Zitierung: Spatz, T. et al. (2022) Sex, landscape diversity and primary productivity shape the seasonal space use of a migratory European raptor. J Avian Biol. doi:10.1111/jav.02925