Moderne Methoden der Telemetrie liefern eine breite Daten-Grundlage für zahlreiche wissenschaftliche Analysen zu diversen Fragestellungen. Seit 2017 besendert unser Rotmilan-Team hessenweit Rotmilane und analysiert die Daten in Bezug auf diverse Bewegungsmuster im Brut- und Überwinterungsgebiet. Welche Landnutzungsformen werden von den Rotmilanen bevorzugt genutzt und wie sehen die Zugwege bzw. Winterquatiere der hessischen Milane aus? Stets kommen weitere und spannende Forschungsfragen hinzu, die beantwortet werden wollen …
Im Herbst 2022 starten wir in ein neues – vom Lore-Steubing-Institut gefördertes – Forschungsprojekt:
„Rotmilanschutz und nachhaltiger Windenergieausbau in Hessen“ (RoniaH)
Dazu suchen wir am Fachbereich Biologie, Arbeitsgruppe Naturschutz, Prof. Dr. Nina Farwig, zum 01.10.2022 ein neues Teammitglied. Ausgeschrieben ist, befristet auf vier Jahre, eine Qualifizierungsstelle mit dem Ziel der Promotion in Teilzeit (50 % der regelmäßigen Arbeitszeit). Die Eingruppierung erfolgt nach Entgeltgruppe 13 des Tarifvertrages des Landes Hessen.
Vorausgesetzt werden ein abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium (Diplom, Master oder vergleichbar) in den Fächern Informatik, Computerwissenschaften, (Bewegungs-)Ökologie oder verwandten Disziplinen sowie sehr gute Kenntnisse in GIS und in statistischer Datenanalyse und Modellierung (bevorzugt mit R). Wir suchen eine Person mit sehr guten Kenntnissen in vertiefter Datenauswertung durch statistische Verfahren und Modellierung sowie quantitativer Ökologie. Wildtierökologische Kenntnisse oder Vorerfahrungen in der Analyse von Bewegungs- und Landnutzungsdaten sind wünschenswert. Erforderlich sind eine kreative, analytische und kritische Denkweise, selbstständiges und strukturiertes Arbeiten sowie die Bereitschaft und Fähigkeit Forschungsideen mit- und weiterzuentwickeln. Erforderlich sind die Fähigkeit im Team zu arbeiten und Feldassistent*innen anzuleiten sowie gute Deutsch- und Englisch- kenntnisse in Wort und Schrift. Es besteht die Möglichkeit zur Mitwirkung bei hessenweiten Feldarbeiten. Die Bereitschaft zur eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung (z. B. ein Promotionsprojekt auf dem Gebiet der Naturschutzökologie) wird erwartet.
Für Fragen steht Ihnen Prof. Dr. Nina Farwig unter farwig[@]uni-marburg.de gerne zur Verfügung.
Ziehende Arten müssen nicht nur im Brutareal, sondern mit Nachdruck auch ganzjährig geschützt werden. Ein internationales Konsortium aus Rotmilan-ExpertInnen hat sich nun den „Fall Rotmilan“ genauer angeschaut und zeigt dabei Wege auf, wo und wie man sich dem Schutz dieser europäischen Art mit internationalen Anstrengen besser nähern kann. Das Thema ist dabei Komplex. Die Staaten in Europa, die Vorkommen der Rotmilane aufweisen können, sind dabei mit einer Mannigfaltigkeit an Problemen konfrontiert, die es zu bewältigen gibt. Der Klimawandel verkompliziert dabei die Situation auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen.
Das aktuell erschienene Papier ist Ergebnis einer Fachkonferenz / Symposium zum „Rotmilanschutz in Europa“. In Segovia / Valsain, Spanien, trafen sich dutzende Fachexpertinnen und -experten aus 11 Ländern. Christian Gelpke (HGON e.V.), Martin Kolbe (Rotmilanzentrum), Ubbo Mammen (MEROS e.V.) haben in Zusammenarbeit mit Jakob Katzenberger (DDA e.V.) an der Tagung teilgenommen. Sascha Rösner stellte hierbei dem internationalen Konsortium die Situation des Rotmilans in Deutschland vor.
S. Rösner (2018): Redkites (Milvus milvus) in Germany. Internationales Rotmilan-Symposium in Valsain, Spanien.
Als Ergebnis der Tagung hat ein Team von AutorInnen nun einen Review-Artikel zum internationalen Schutz des Rotmilan in Europa im Fachorgan „Environmental Management“ publiziert und dabei die Probleme, Chancen und Herausforderungen zum Schutz eines ziehenden Greifvogels – Am Beispiel des Rotmilans – zusammengetragen. Dabei steht die Gabelweihe nur beispielhaft für andere Arten mit ähnlicher (Zug-)Ökologie. Alleine ein Blick auf die Karte zeigt die komplexen Situationen in den verschiedenen Staaten Europas… Den Original-Artikel findet man frei zugänglich (engl. Sprache) hier: Mattsson et al (2022):
Mattsson et al. (2022)
Mattsson BJ, Mateo-Tomás P, Aebischer A, Rösner S, Kunz F, Schöll EM, Åkesson S, Rosa DD, Orr-Ewing D, Bodega D de la, Ferrer M, Gelpke C, Katzenberger J, Maciorowski G, Mammen U, Kolbe M, Millon A, Mionnet A, Puente J de la, Raab R, Vyhnal S, Ceccolini G, Godino A, Crespo-Luengo G, Sanchez-Agudo JA, Martínez J, Iglesias-Lebrija JJ, Ginés E, Cortés M, Deán JI, Calmaestra RG, Dostál M, Steinborn E, Viñuela J (2022). Enhancing monitoring and transboundary collaboration for conserving migratory species under global change: The priority case of the red kite. Journal of Environmental Management317, 115345. doi:10.1016/j.jenvman.2022.115345
Die Kernaussagen der englischen Publikation können folgend zusammen gefasst werden:
Strategien zum Schutz wandernder Arten müssen den globalen Umweltveränderungen Rechnung tragen
Der Angaben zum Erhaltungszustand und die Maßnahmen für den Schutz von Greifvogel müssen über den Jahreszyklus hinweg betrachtet werden
Dank bisheriger Maßnahmen konnten sich die Rotmilanpopulationen – außer am südlichen Rand des Verbreitungsgebiets – in Teilen erholen
Es wird eine integrierte Strategie zum Schutz der Art mit Schwerpunkt auf internationaler Koordination vorgestellt
Die vorgestellte Strategie kann für andere hochmobile Arten angepasst werden.
Als eine der Kern-Informationen in diesem Übersichtsartikel hat das AutorenInnen-Team die aktuelle Verbreitung, die Bestandstrends und bekannte Haupt-Zugwege des Rotmilans in einer zentralen Karte dargestellt.
Seit 2017 beschäftigen wir uns in der Arbeitsgruppe „Naturschutz“ am Fachbereich Biologie der Philipps-Universität Marburg intensiv mit der Ökologie und dem Schutz des Rotmilans. Ein wesentliches Kernelement ist des Projektes sind dabei die Arbeiten um die Promotion von MSc. Theresa Spatz. Diese Woche hat Theresa im Rahmen ihres Stipendiums der DBU (https://www.dbu.de) ihre Dissertation im Rahmen eines spannenden Vortrags am Fachbereich vorgestellt und gegen die Fragen der Kommission erfolgreich verteidigt.
Theresa hat sich in ihrer Arbeit intensiv mit der Bewegungsökologie der „Rotmilane in Hessen“ auseinander gesetzt. Der Titel ihrer kumulativ verfassten Dissertation: „What drives you? – Space and habitat use of Red Kites across different temporal and spatial scales“.
Für Theresa ist damit dieses akademische Kapitel zwar geschlossen, aber das Team freut sich gemeinsam mit ihr auf weitere Jahre intensiver Feld- und Forschungsarbeiten zum Thema. Denn: Die Rotmilane fliegen weiter, nutzen die Landschaft auf ihre Weise und müssen dabei mit den menschlichen Einflussgrößen umgehen. Entsprechende Manuskripte sind in Vorbereitung, weitere Abschlussarbeiten derzeit in Bearbeitungen und der Datenschatz zur Bewegungsökologie wächst weiter… wir bleiben dran!
Arbeitsgruppenleiterin Nina Farwig (re.) und Dana Schabo (li.) ziehen Theresa (im Horst) nach der erfolgreichen Verteidigung im mobilen „Rotmilan-Horst“ über den Campus des Fachbereichs auf den Lahnbergen. Fotos: S. Rösner
Die Rotmilane Nord- und Mitteleuropas sind in der Regel Zugvögel. Die Brutvögel weichen für die Wintermonate nach Süden (Schweiz / Italien) oder nach Südwest (Spanien / Portugal) aus. In den vergangenen Jahren werden auch in Mitteleuropa häufiger überwinternde Tiere gesichtet. Die planmäßigen Wintererfassungen in der Schweiz (Aebischer et al.) berichten von mehreren Tausenden Tieren. Um Europa-weit einem besseren Überblick über die Winterverbreitungen der Rotmilane zu erhalten und etwaige Trends ablesen zu können, findet am Wochenende 08.-10. Januar 2022 wieder eine synchronisierte Zählen an den gemeinschaftlichen Schlafplätzen der Milane statt.
Für Hintergrundinformationen sowie regionale AnsprechpartnerInnen finden sich beim Dachverband Deutscher Avifaunisten: www.dda-web.de Wer in den kommenden Tagen also Rotmilane (am Schlafplatz) beobachten kann, bitte hier melden: www.ornitho.de
Weitere Informationen zu den Zählungen finden sich hier:
Mit Spannung haben wir im ausgehenden Winterhalbjahr 2020/2021 die Rückkehr der hessischen Brutvögel beobachtet und dank der digitalen Technik detailliert verfolgen können. Verluste auf dem Weg- und Heimzug gab es in diesem Jahr glücklicherweise keine. Inzwischen ist die neue Brutsaison in vollem Gange.
Auch die Zukunftsträger:innen, die noch nicht geschlechtsreifen Jungvögel aus den letzten Jahren haben ihre Winter-Einstandsgebiete weitestgehend verlassen und vagabundieren in Europa umher. Die Mortalität unter den Jungtieren ist im ersten Lebensjahr, im direkten Vergleich zu subadulten oder adulten Milanen erhöht. Über die vergangenen vier Jahrzehnte hat auch innerhalb der Jungtiere die Überlebensrate deutlich abgenommen (Katzenberger et. al. 2019), sodass für den langfristigen Erhalt der lokalen Populationen ein guter Bruterfolg sehr bedeutsam ist. Nicht zu unterschätzen ist dafür der Schutz erfahrener Altvögel, die langfristig gute Habitate und Brutbäume quasi „traditionell“ besetzen und so über ihre Bruterfolge die Population mittelfristig zu stützen.
Der Habitatqualität der Brutreviere, die ja bis in den Herbst besetzt bleiben und intensiv – auch in Horstnähe – von den Adulten genutzt werden, kommt dabei in Form von beispielsweise Nahrungsverfügbarkeit und „Sicherheit gegenüber potentiellen Bedrohungen“ eine zentrale Bedeutung zu (Spatz et al. 2019). Zum Erhalt der Art sind die Brutreviere schutz- und entwicklungsbedürftig.
Unser Team ist nun auch wieder in den Wäldern der hessischen Naturräumen unterwegs, um alte Bekannte zu besuchen, den Zustand der Brutplätze zu dokumentieren oder den Fortgang der Bruten zu kontrollieren. Die ersten weißen Flaumköpfe der Dunenjungen wurden bereits gesichtet. Der neue Nachwuchs wächst also heran und kann jetzt dank steigender Temperaturen hoffentlich gut mit Nahrung versorgt werden.
Dank der breiten Erfahrungen im Team konnten wir in den letzten Tagen noch zahlreiche neue Brutpaare in Hessen ausfindig machen und in die Projektdatenbank integrieren. Dabei hat ein vorsichtiger Umgang an und mit den Brutplätzen die höchste Priorität. Die Kronendächer in Hessen schließen sich mit den steigenden Temperaturen nach den Regentagen nun langsam. Das weitere Brutgeschehen wir dann eher im Verborgenen stattfinden.
Einige unserer Studienvögel können wir nun bereits im fünften Jahr durch die die Brutsaison begleiten. Wir hoffen, dass sie auch in diesem Jahr einen Beitrag zum Populationserhalt leisten können.
AG Naturschutz
Philipps-Universität Marburg
Prof. Dr. Nina Farwig
Fachbereich Biologie
Karl-von-Frisch-Str.8 35043 Marburg
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