Vor wenigen Tagen haben sich zwei der besenderten Rotmilane auf den Weg gemacht. Sie haben von ihren Winterquartieren in Spanien aus die erste Etappe ihrer „Heimreise“ angetreten. Die Pyrenäen sind schon überquert. Ob das ein Frühstart war, oder ob wir schon mit einsetzendem Heimzug rechnen müssen? Das ist ungewiss.
Viele der andere Tiere sitzen jedoch in ihren fest umrissenen Einstandsgebieten in Portugal, Spanien (Foto unten) oder Zentral-Frankreich. Derweil machen sich in den hessischen Brutgebieten andere Arten schon an’s Brutgeschäft und inspizieren die (Rotmilan-) Horste.
Zum 01. Oktober startete das vom Lore-Steubing-Institut (LSI) geförderte Projekt „RoniaH“. Für einen schnellen und kompakten Einblick in die Ziele des Projektes haben wir ein Poster mit den wichtigsten Eckpunkten des Projektes entworfen. Das Poster wird als Roll-Up auf der 6. Hessische Landesnaturschutztagung am 1. November 2022 vorgestellt. Anbei findet sich eine pdf-Version zum Herunterladen.
Die Projektziele:
– Beitrag zu einem nachhaltigen Ausbau der Windenergie in Hessen bei gleichzeitigem Schutz der Verantwortungsart Rotmilan
– Ausarbeitung integrativer Strategien zur Minimierung des Kollisionsrisikos hochmobiler Vogelarten
Vorgehen:
– Aufbereitung der GPS-Bewegungsdaten von 37 in Hessen besenderten Rotmilanen über sechs Jahre (2017 -2022)
– Auswertung der Flugaktivität und der Flughöhen in Verbindung mit Landnutzungsdaten und simulierten Raumnutzungsanalysen
– Ausarbeitung von Handlungsempfehlungen mit Akteur*innen aus HLNUG, Naturschutzbehörden, Verbänden und Planungsbüros
Referenzen: Spatz, T. et al. (2022) Sex, landscape diversity and primary productivity shape the seasonal space use of a migratory European raptor. J Avian Biol. doi:10.1111/jav.02925
Im Fachjournal „Avian Biology“ hat unser AutorInnen-Team einen Fachartikel zur Raumnutzung des Rotmilans publiziert. Im Mittelpunkt der Studie stand die Frage, welche Einflussgrößen die Bewegungsmuster der Greife im Winter- bzw. Bruthabitat bestimmen.
Um die zentralen Fragen zur Biologie der Art beantworten zu können, haben die KollegInnen die GPS-Daten von 43 besenderten Rotmilanen verschiedener Projekte aus den Bundesländern Hessen, Thüringen, Sachsen und Niedersachsen zusammen geführt und analysiert.
Der Artikel ist im Original in englischer Sprache publiziert (frei verfügbare pdf-Dokument: hier). Eine deutsche Zusammenfassung zum Inhalt finden Sie hier:
Spatz T, Katzenberger J, Friess N, Gelpke C, Gottschalk E, Hormann M, Koschkar S, Pfeiffer T, Stübing S, Sudfeldt C, Rösner S, Schabo DG, Farwig N (2022): Sex, landscape diversity and primary productivity shape the seasonal space use of a migratory European raptor. J Avian Biol. https://doi.org/10.1111/jav.02925
Eine Vielzahl von Faktoren bestimmen die Raumnutzungsmuster von Greifvögeln. Viele Greifvogelarten sind Zugvögel, die zwischen Sommer- und Winterlebensräumen wechseln. Diese Lebensräume sind durch unterschiedliche Umweltbedingungen charakterisiert. Die Analyse der Auswirkungen von intrinsischen und extrinsischen Faktoren auf die Raumnutzung in Sommer- und Winterhabitaten liefert wichtige Erkenntnisse über die Ökologie wandernder Greifvögel. Hier untersuchten wir die saisonale Raumnutzung von 43 Rotmilanen Milvus milvus, die sich mit GPS-Sendern über sieben aufeinanderfolgende Jahre in Mittel- und Südwesteuropa auhielten. Dabei verglichen wir die Raumnutzungsmuster, d. h. die Größe der Aktivitätsräume und die durchschnittlichen täglichen Flugstrecken der Vögel; jeweils zwischen Sommer- und Winterquartier. IM Detail analysierten wir den Einfluss extrinsischer (Landschaftsvielfalt, Primärproduktivität) und intrinsischer Faktoren (Geschlecht). Im Sommer untersuchten wir den Einfluss von Bruterfolg (0/1) und Geschlecht (w/m) auf die Größe der Aktionsradien. Außerdem analysierten wir die Unterschiede in der Habitatverfügbarkeit und der Habitatwahl zwischen den Jahreszeiten.
Wir stellten fest, dass die Raumnutzung im Sommer geringer war als im Winter. Im Vergleich zu den Männchen waren die Aktivitätsbereiche der weiblichen Rotmilane im Sommer größer und im Winter kleiner, wobei die durchschnittlichen geflogenen Tagesstrecken in beiden Jahreszeiten kürzer waren. Im Sommer waren die Aktivitätsbereiche erfolgreich brütender Rotmilane bei beiden Geschlechtern kleiner, aber dieser Effekt war bei den Weibchen stärker ausgeprägt als bei den Männchen. Unabhängig von der Jahreszeit war die Landschaftsvielfalt positiv mit der Raumnutzung korreliert, während die Primärproduktivität negativ mit ihr korreliert war. Die Lebensraumnutzung unterschied sich zwischen den Jahreszeiten, wobei Agrarlandschaften im Sommer anteilig weniger genutzt wurden als im Winter. Insgesamt haben wir gezeigt, dass sowohl intrinsische als auch extrinsische Faktoren die Raumnutzung in beiden Jahreszeiten beeinflussen, was zu Unterschieden in den Raumnutzungsmustern und der Habitatnutzung bei ziehenden Greifvögeln zwischen ihren Sommer- und Winterhabitaten führt. Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig die Berücksichtigung des gesamten Jahreszyklus wandernder Arten für das Naturschutzmanagement ist.
Zitierung: Spatz, T. et al. (2022) Sex, landscape diversity and primary productivity shape the seasonal space use of a migratory European raptor. J Avian Biol. doi:10.1111/jav.02925
Zum 01. Oktober 2022 starten wir über die Laufzeit von vier Jahren in ein neues Forschungsprojekt. Dank der Förderung durch das Lore-Steubing-Institut am HLNUG (www.hlnug.de) werden wir uns intensiver im Kontext „Rotmilanschutz und nachhaltiger Windenergieausbau in Hessen“ (RoniaH) beschäftigen. Die Grundlage der anstehenden wissenschaftlichen Analysen stellen hierbei die Bewegungsdaten der seit 2017 unter Beobachtung stehenden hessischen Rotmilane.
Projektbeschreibung (Kurzfassung):
Mit dem Projekt möchte die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Nina Farwig zu einem nachhaltigen Ausbau der Windenergie in Hessen bei gleichzeitigem Schutz der Verantwortungsart Rotmilan beitragen. Dafür sollen die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten des Rotmilans auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen quantifiziert sowie evidenzbasierte Erfassungsstandards für Artbewertungen entwickelt werden. Dazu steht dem Team um Prof. Dr. Nina Farwig, Dr. Sascha Rösner, Dr. Dana Schabo, und Dr. Theresa Spatz bereits ein umfangreicher Datensatz zur Verfügung, der die Bewegungsmuster von ca. 40 besenderten, adulten Rotmilanen über mehrere Jahre umfasst. Die Brutplätze der besenderten Tiere sind über ganz Hessen verteilt und bilden somit die Heterogenität der Landschaften Hessens ab. Erste Auswertungen der Daten zeigen, dass Rotmilane in der gesamten Zeit im Brutgebiet eine starke Horstbindung aufweisen, die Aktionsräume in der Brutzeit geschlechtsspezifisch stark variieren und dass eine erhöhte Ressourcenverfügbarkeit in der Landschaft generell zu kleineren Aktionsräumen führt. Zudem zeigen erste explorative Datenanalysen eine hohe individuelle Variation in der Flughöhe.
Basierend auf diesem Datensatz will die Arbeitsgruppe in dem Projekt über bisher bearbeitete grundlagenökologische Fragesellungen hinausgehen und gemeinsam mit der Naturschutzpraxis anwendbare Handlungsempfehlungen erarbeiten. Konkret sollen
1) die bestehende Abstandsempfehlung von Windenergieanlagen zu Brutplätzen überprüft werden, indem die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Individuen in Abhängigkeit zur Distanz vom Horst quantifiziert wird,
2) Flughöhe und Flugaktivität über verschiedenen Landnutzungsformen während der gesamten Aufenthaltszeit der Art im Brutgebiet (März – September) näher aufgelöst werden, und
3) die zuvor von der Arbeitsgruppe erhobenen Daten genutzt werden, um Feldbeobachtungen mit Sender-basierten und modellierten Erfassungen zu vergleichen, um so Erfassungsstandards zur Raumnutzungsanalyse zu optimieren.
Ziel des Projekts ist es, integrative Strategien für den nachhaltigen Windenergieausbau auszuarbeiten, die insbesondere dazu beitragen, das Kollisionsrisiko für hochmobile Vogelarten wie etwa dem Rotmilan zu reduzieren.
Mit ihrer Fachexpertise unterstützen uns die Projekt-/Praxis-Partner:
PD Dr. Simon Thorn (Vogelschutzwarte, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie)
Moderne Methoden der Telemetrie liefern eine breite Daten-Grundlage für zahlreiche wissenschaftliche Analysen zu diversen Fragestellungen. Seit 2017 besendert unser Rotmilan-Team hessenweit Rotmilane und analysiert die Daten in Bezug auf diverse Bewegungsmuster im Brut- und Überwinterungsgebiet. Welche Landnutzungsformen werden von den Rotmilanen bevorzugt genutzt und wie sehen die Zugwege bzw. Winterquatiere der hessischen Milane aus? Stets kommen weitere und spannende Forschungsfragen hinzu, die beantwortet werden wollen …
Im Herbst 2022 starten wir in ein neues – vom Lore-Steubing-Institut gefördertes – Forschungsprojekt:
„Rotmilanschutz und nachhaltiger Windenergieausbau in Hessen“ (RoniaH)
Dazu suchen wir am Fachbereich Biologie, Arbeitsgruppe Naturschutz, Prof. Dr. Nina Farwig, zum 01.10.2022 ein neues Teammitglied. Ausgeschrieben ist, befristet auf vier Jahre, eine Qualifizierungsstelle mit dem Ziel der Promotion in Teilzeit (50 % der regelmäßigen Arbeitszeit). Die Eingruppierung erfolgt nach Entgeltgruppe 13 des Tarifvertrages des Landes Hessen.
Vorausgesetzt werden ein abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium (Diplom, Master oder vergleichbar) in den Fächern Informatik, Computerwissenschaften, (Bewegungs-)Ökologie oder verwandten Disziplinen sowie sehr gute Kenntnisse in GIS und in statistischer Datenanalyse und Modellierung (bevorzugt mit R). Wir suchen eine Person mit sehr guten Kenntnissen in vertiefter Datenauswertung durch statistische Verfahren und Modellierung sowie quantitativer Ökologie. Wildtierökologische Kenntnisse oder Vorerfahrungen in der Analyse von Bewegungs- und Landnutzungsdaten sind wünschenswert. Erforderlich sind eine kreative, analytische und kritische Denkweise, selbstständiges und strukturiertes Arbeiten sowie die Bereitschaft und Fähigkeit Forschungsideen mit- und weiterzuentwickeln. Erforderlich sind die Fähigkeit im Team zu arbeiten und Feldassistent*innen anzuleiten sowie gute Deutsch- und Englisch- kenntnisse in Wort und Schrift. Es besteht die Möglichkeit zur Mitwirkung bei hessenweiten Feldarbeiten. Die Bereitschaft zur eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung (z. B. ein Promotionsprojekt auf dem Gebiet der Naturschutzökologie) wird erwartet.
Für Fragen steht Ihnen Prof. Dr. Nina Farwig unter farwig[@]uni-marburg.de gerne zur Verfügung.
AG Naturschutz
Philipps-Universität Marburg
Prof. Dr. Nina Farwig
Fachbereich Biologie
Karl-von-Frisch-Str.8 35043 Marburg
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